Islamabad
September - Dezember
Es ist mal wieder viel Wasser den Bach runter gelaufen, ich habe einiges gelernt hier… Ich lag ein wenig daneben mit meinem Statement, dass ich Pakistan liebe, jetzt weiß ich, ich liebe Chitral… soviel Troubles es dort auch gab, das Leben in den Kalash Tälern war ein Paradies. Hier in Islamabad, na ja, ich bin eher nicht so der negative Typ, aber viel Nettes gibt es nicht zu berichten, außer den paar Seelen, die mir hier die nötige Energie geben, nicht gleich ins Flugzeug zu steigen.
Die Kultur in Islamabad – ach was sag ich, es gibt keine Kultur in Islamabad. Der Grossteil tut als ob er dem Westen nacheifert, alles ist so westlich und „zivilisiert“ und wunderbar, alles ist erhältlich… Quatsch. Die alte Kultur haben sie auch vergessen oder wollen sie vergessen und so scheint es, als ob der Grossteil irgendwo in der Mitte schwebt, ohne Wurzeln und doch noch nicht am Ziel angekommen.
Alles erhältlich, Islamabad die westliches Stadt? Man findet vielleicht vieles hier, aber dafür muss man 1000 Shops durchkämmen und dann findet man mit viel Glück „alles“… Garantie gibt’s allerdings nicht…
Die Kosten für alles sind mindestens doppelt so hoch wie überall sonst und besonders wenn man ein weißes Gesicht sieht steigen sie nochmals. Weißen in Islamabad haben alle viel Geld.. haha. Ich gehör nicht zu denen, Ich arbeite ja nicht für eine westliche Firma oder NGO, sondern eben für eine Pakistanische Organisation. Ist auch gut so, sonst hätte ich mein Visum wahrscheinlich nicht bekommen… Mein Chef hat mir viel geholfen nach all den Problemen in Chitral, aber schön langsam glaube ich, dass auch er ein wenig übertreibt, damit ich brav für ihn arbeite, mich nicht über die schlechte Unterkunft, Essen und Arbeitszeiten – oh und Lohn – beschwere.
Eine Zeitlang ist alles ganz gut gegangen. Zu den Wochenenden war ich meist in Peshawar um Col Khushwaqt, den ich schon in Mastuj besucht hatte und der nun für den Winter im „warmen“ Süden ist.
Mit ihm in seinem schönen Garten zu sitzen brachte mir an diesen Wochenenden den Frieden, den ich in Islamabad so sehr vermisst hatte. Die schönen Stunden in Islamabad beschränkten sich auf die wenigen am Gestüt..
Am Anfang war es ziemlich schlimm, ich kannte niemanden und saß entweder in der Arbeit oder in meinem Zimmer – was genau 3 Schritte und eine Verbindungstuer voneinander entfernt liegt.
Mein Zimmer ist nicht unbedingt das Beste hier, aber ich hab in schlimmeren Unterkünften gelebt. Ich denk mir nur, wenn ich nie wieder nach Chitral kann oder immer nur mit größter Vorsicht, dann will ich nicht in Pakistan bleiben. Chitral ist der Grund warum ich Pakistan liebe.
Das Zimmer ist im unteren Stock des Wohnhauses meines Chefs, gleich neben dem Büro. Verbindungstuer zum seinem Wohnbereich gibt es keine, man muss auf die Strasse, um den Block herum und von vorne ins Haus. Ich habe Kasten und ein Seilbett mit Unterlage, einen Sessel und ein Nachttischkasterl... Mein Zimmer, wenigstens.
Ich bin dankbar, nicht aus der Tasche leben zu muessen und einen eigenen Schluessel zu haben um nicht allen auf den Gesit zu gehen, wenn ich ein und ausgehe.
Für 4 Tage hatte ich sogar TV, bis sich der Koch meines Chefs beschwert hat, dass er heimgeht wenn er keinen Fernseher bekommt, da hab ich ihm meinen gegeben.. - aber ich vermisse es, auf der Veranda zu sitzen wie im Kalash Tal, mit freier Sicht auf den Fluss, den ich auch nachts im Zimmer plätschern hörte, die Natur und alles. All meine Freunde sind dort.
Am Anfang hatte ich auch hier kein warmes Wasser, dazu musste ich hoch ins Haus meines Bosses gehen aber später funktioniert der Boiler dann doch irgendwann. Die Wände sind ständig feucht und alle Möbel schimmlig weil’s so feucht ist hier. Nach langer langer Zeit sagte man mir dann, dass es Reinigungsalkohol gäbe in Apotheken, den hab ich mir dann gekauft und geschrubbt. Keine Ahnung ob es geholfen hat, ich seh die Möbel jetzt nicht mehr… aber langsam.
Jeden Tag habe ich Besuch – animalischen – von Frettchen, Katzen, Froeschen, Tausendfüsslern, Riesenheuschrecken, Tauben und einer Heerschar von Insekten – das Zimmer ist nicht ganz Erdgeschoss sondern eher darunter und nach dem Regen sucht so manches Viecherl Zuflucht. Einst hat sich ein armer Gecko in der Badezimmertuer versteckt – ich hab ihn leider nicht gesehen und die Tür geschlossen… Einen Tag später hab ich dann die Überreste wie eine Plastikhaut abgezogen.
Mein Chef glaubte, da ich fast ein Jahr bei den Kalash gelebt habe, muss ich mir hier wie im Paradies vorkommen - aber ich habe die Kalash geliebt und ihre Art zu leben. hier in der Hauptstadt - wenn ich schon hier sein muss, will ich es etwas komfortabler haben. Es hatte lange gedauert bis ich das meinem Boss sagen konnte, ich bin in der Beziehung ein bisserl dumm... ich hasse es jemanden um etwas zu bitten, wenn er mir schon etwas gibt aber mir ist es nicht gut genug...
Alle hier sagen mir ständig, dass jeder andere Europäer nicht 1 Tag in diesem Zimmer leben würde und arrogant und selbstsicher (wie Europäer eben sind, haha) etwas anderes erwarten und verlangen würde...
Die Politische Lage ist etwas vertrackt. Benazir Bhutto und Nawaz Sharif kommen aus dem Exil zurück um bei den Wahlen anzutreten, die Deals die sie aushandeln und die Art wie sie empfangen werden sind allerdings alles andere als nett. (Benazir z.B. dass alle Anklagen wie auch ihre eigene zum Thema Korruption fallen gelassen werden – die Nachrichten waren voll davon, ein paar Leuten hab ich auch detaillierte Berichte geschickt, die gibt es noch falls jemand sie haben möchte – Nawaz wurde wieder ins Exil geschickt als er zum ersten Mal versuchte herzukommen obwohl im freier Einlass bestätigt wurde)
Im November wurde dann der berühmte Ausnahmezustand ausgerufen, die Fernsehsender eingestellt und „regierungsunfreundliche Subjekte“ ins Gefängnis oder unter Hausarrest gestellt. Die internationale Gemeinschaft tut so als ob sie sich beschweren, aber nicht sehr nachdrücklich, keine Sanktionen, keine Konsequenzen – allen voran die USA.
Es ist mal wieder viel Wasser den Bach runter gelaufen, ich habe einiges gelernt hier… Ich lag ein wenig daneben mit meinem Statement, dass ich Pakistan liebe, jetzt weiß ich, ich liebe Chitral… soviel Troubles es dort auch gab, das Leben in den Kalash Tälern war ein Paradies. Hier in Islamabad, na ja, ich bin eher nicht so der negative Typ, aber viel Nettes gibt es nicht zu berichten, außer den paar Seelen, die mir hier die nötige Energie geben, nicht gleich ins Flugzeug zu steigen.
Die Kultur in Islamabad – ach was sag ich, es gibt keine Kultur in Islamabad. Der Grossteil tut als ob er dem Westen nacheifert, alles ist so westlich und „zivilisiert“ und wunderbar, alles ist erhältlich… Quatsch. Die alte Kultur haben sie auch vergessen oder wollen sie vergessen und so scheint es, als ob der Grossteil irgendwo in der Mitte schwebt, ohne Wurzeln und doch noch nicht am Ziel angekommen.
Alles erhältlich, Islamabad die westliches Stadt? Man findet vielleicht vieles hier, aber dafür muss man 1000 Shops durchkämmen und dann findet man mit viel Glück „alles“… Garantie gibt’s allerdings nicht…
Die Kosten für alles sind mindestens doppelt so hoch wie überall sonst und besonders wenn man ein weißes Gesicht sieht steigen sie nochmals. Weißen in Islamabad haben alle viel Geld.. haha. Ich gehör nicht zu denen, Ich arbeite ja nicht für eine westliche Firma oder NGO, sondern eben für eine Pakistanische Organisation. Ist auch gut so, sonst hätte ich mein Visum wahrscheinlich nicht bekommen… Mein Chef hat mir viel geholfen nach all den Problemen in Chitral, aber schön langsam glaube ich, dass auch er ein wenig übertreibt, damit ich brav für ihn arbeite, mich nicht über die schlechte Unterkunft, Essen und Arbeitszeiten – oh und Lohn – beschwere.
Eine Zeitlang ist alles ganz gut gegangen. Zu den Wochenenden war ich meist in Peshawar um Col Khushwaqt, den ich schon in Mastuj besucht hatte und der nun für den Winter im „warmen“ Süden ist.
Mit ihm in seinem schönen Garten zu sitzen brachte mir an diesen Wochenenden den Frieden, den ich in Islamabad so sehr vermisst hatte. Die schönen Stunden in Islamabad beschränkten sich auf die wenigen am Gestüt..
Am Anfang war es ziemlich schlimm, ich kannte niemanden und saß entweder in der Arbeit oder in meinem Zimmer – was genau 3 Schritte und eine Verbindungstuer voneinander entfernt liegt.
Mein Zimmer ist nicht unbedingt das Beste hier, aber ich hab in schlimmeren Unterkünften gelebt. Ich denk mir nur, wenn ich nie wieder nach Chitral kann oder immer nur mit größter Vorsicht, dann will ich nicht in Pakistan bleiben. Chitral ist der Grund warum ich Pakistan liebe.
Das Zimmer ist im unteren Stock des Wohnhauses meines Chefs, gleich neben dem Büro. Verbindungstuer zum seinem Wohnbereich gibt es keine, man muss auf die Strasse, um den Block herum und von vorne ins Haus. Ich habe Kasten und ein Seilbett mit Unterlage, einen Sessel und ein Nachttischkasterl... Mein Zimmer, wenigstens.
Ich bin dankbar, nicht aus der Tasche leben zu muessen und einen eigenen Schluessel zu haben um nicht allen auf den Gesit zu gehen, wenn ich ein und ausgehe.
Für 4 Tage hatte ich sogar TV, bis sich der Koch meines Chefs beschwert hat, dass er heimgeht wenn er keinen Fernseher bekommt, da hab ich ihm meinen gegeben.. - aber ich vermisse es, auf der Veranda zu sitzen wie im Kalash Tal, mit freier Sicht auf den Fluss, den ich auch nachts im Zimmer plätschern hörte, die Natur und alles. All meine Freunde sind dort.
Am Anfang hatte ich auch hier kein warmes Wasser, dazu musste ich hoch ins Haus meines Bosses gehen aber später funktioniert der Boiler dann doch irgendwann. Die Wände sind ständig feucht und alle Möbel schimmlig weil’s so feucht ist hier. Nach langer langer Zeit sagte man mir dann, dass es Reinigungsalkohol gäbe in Apotheken, den hab ich mir dann gekauft und geschrubbt. Keine Ahnung ob es geholfen hat, ich seh die Möbel jetzt nicht mehr… aber langsam.
Jeden Tag habe ich Besuch – animalischen – von Frettchen, Katzen, Froeschen, Tausendfüsslern, Riesenheuschrecken, Tauben und einer Heerschar von Insekten – das Zimmer ist nicht ganz Erdgeschoss sondern eher darunter und nach dem Regen sucht so manches Viecherl Zuflucht. Einst hat sich ein armer Gecko in der Badezimmertuer versteckt – ich hab ihn leider nicht gesehen und die Tür geschlossen… Einen Tag später hab ich dann die Überreste wie eine Plastikhaut abgezogen.
Mein Chef glaubte, da ich fast ein Jahr bei den Kalash gelebt habe, muss ich mir hier wie im Paradies vorkommen - aber ich habe die Kalash geliebt und ihre Art zu leben. hier in der Hauptstadt - wenn ich schon hier sein muss, will ich es etwas komfortabler haben. Es hatte lange gedauert bis ich das meinem Boss sagen konnte, ich bin in der Beziehung ein bisserl dumm... ich hasse es jemanden um etwas zu bitten, wenn er mir schon etwas gibt aber mir ist es nicht gut genug...
Alle hier sagen mir ständig, dass jeder andere Europäer nicht 1 Tag in diesem Zimmer leben würde und arrogant und selbstsicher (wie Europäer eben sind, haha) etwas anderes erwarten und verlangen würde...
Die Politische Lage ist etwas vertrackt. Benazir Bhutto und Nawaz Sharif kommen aus dem Exil zurück um bei den Wahlen anzutreten, die Deals die sie aushandeln und die Art wie sie empfangen werden sind allerdings alles andere als nett. (Benazir z.B. dass alle Anklagen wie auch ihre eigene zum Thema Korruption fallen gelassen werden – die Nachrichten waren voll davon, ein paar Leuten hab ich auch detaillierte Berichte geschickt, die gibt es noch falls jemand sie haben möchte – Nawaz wurde wieder ins Exil geschickt als er zum ersten Mal versuchte herzukommen obwohl im freier Einlass bestätigt wurde)
Im November wurde dann der berühmte Ausnahmezustand ausgerufen, die Fernsehsender eingestellt und „regierungsunfreundliche Subjekte“ ins Gefängnis oder unter Hausarrest gestellt. Die internationale Gemeinschaft tut so als ob sie sich beschweren, aber nicht sehr nachdrücklich, keine Sanktionen, keine Konsequenzen – allen voran die USA.
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